Hamburg, November 2024 – Berufliche Unzufriedenheit zwingt uns oft dazu, tief in uns hineinzuschauen und unsere grundlegenden Ziele und Werte neu zu hinterfragen. Dieser Prozess ist mehr als eine Neuorientierung – er wird zur persönlichen Reise, die manchmal sogar einen tiefen Sinneswandel mit sich bringt. Das lehrt uns nicht zuletzt Vesnas Geschichte.

Die 53-Jährige hat in ihrem Leben schon Vieles erreicht, doch in den letzten Jahren überwog das Gefühl, beruflich festzustecken. Im Gespräch mit uns erzählt Vesna offen, warum sich ihre Karriere in einer Sackgasse befand, wie ihr der Neustart gelang und was die Teilnahme am Projekt Level up! konkret damit zu tun hat. Außerdem verrät sie uns ihre Tipps, wie man die Veränderung im Fall einer beruflichen Krise am besten angeht.  

Hallo Vesna, schön, dass es geklappt hat! Jetzt sind wir ganz neugierig: Was dürfen wir über dich wissen? Was ist zum Beispiel dein beruflicher Hintergrund?

Ich bin Migrantin der dritten Generation und lebe nun schon seit 50 Jahren in Deutschland. Meine Familie stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien, und es war von Anfang an wichtig für meine Eltern und Großeltern, dass ich es mal besser haben würde als sie. Diese Vorstellung hat mein ganzes Leben geprägt, und ich habe das richtig verinnerlicht. Das führte auch oft zu einem inneren Druck – dieses Gefühl, immer alles besser machen zu müssen. Ich war lange in der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Während der Corona-Pandemie bin ich ausgestiegen, wechselte den Wohnort, kam nach Hamburg und landete in der Pflegebranche. Die letzten drei Jahre habe ich in der Pflege gearbeitet. Und ich war sehr unglücklich, mit meiner Arbeit und mit meinem Arbeitgeber.

Da sind wir ja schon mitten im Thema. War diese Unzufriedenheit der Grund für deine Neuorientierung?

Unzufriedenheit ist noch gelinde ausgedrückt. Mal ganz von den harten Arbeitsbedingungen in der Pflege abgesehen, entsprach der Job überhaupt nicht meinen persönlichen Wertvorstellungen, auch nicht zwischenmenschlich. Ich war zuletzt totunglücklich und bin jeden Tag mit Magenschmerzen zur Arbeit gegangen. Natürlich bewarb ich mich auch woanders, kassierte jedoch nur Absagen. Das verunsicherte mich zutiefst und ließ mich an mir zweifeln. Viele Jahre war ich nebenberuflich Teil eines Projekts, in dem ich die Kommunikation und Koordination mit den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernahm – etwa die Einsatzplanung oder Abrechnungen. Diese Arbeit bereitete mir immer große Freude und brachte willkommene Abwechslung. Doch am 1. Dezember 2023 endete das Projekt, und mit ihm verlor ich auch meinen letzten Halt. Plötzlich fehlte mir etwas, ohne dass ich genau sagen konnte, was. Noch mehr: Ich hatte überhaupt keine Idee mehr, in welche berufliche Richtung es für mich gehen sollte. Ich wollte nur weg aus meiner aktuellen Tätigkeit, aber eine erneute Stelle im Pflegebereich kam nicht infrage. Doch was könnte mich stattdessen wirklich erfüllen? Mir fehlte jede Inspiration.

Keine einfache Situation! Wie hast du denn zu uns gefunden?

Absolut! Irgendetwas musste passieren! Im Sommer diesen Jahres (2024; Anmerkung der Redaktion) hat mich eine Bekannte auf Level up! gebracht. Also war ich auf eurer Homepage. Und ich dachte: Alles klar, ich muss das machen! Das Projekt habe ich dringend nötig.

Magst du uns über deine Erfahrungen bei Level up! berichten?

Ja klar! Im Projekt nahm ich an den beiden Online-Workshops „Das bin ich!“ und „Beruf versus Berufung“, dem Impulsworkshop und am Level up! Café teil. Beim Level up! Café fiel dann schließlich der Groschen. Meine zukünftige Tätigkeit sollte sich um Kommunikation drehen. Ich möchte Menschen beraten, sie zum Nachdenken motivieren, die richtigen Fragen stellen. Es muss etwas mit Sprache zu tun haben. Als ich das für mich klar hatte, kam eines zum anderen. Ich stieß auf eine Stellenanzeige als Sprachförderkraft in der Kita, die mich sofort ansprach. Also bewarb ich mich. Kurze Zeit später folgten ein Vorstellungsgespräch und schnell im Anschluss auch die Einladung zur Hospitation. Inzwischen habe ich hospitiert und konnte dabei die Stimmung und Kultur in der Kita kennenlernen. Das gefiel mir sehr und bestärkte mich in meiner Entscheidung.

Klasse! Es wirkt, als ob du wieder mehr bei dir angekommen bist. Stimmt das denn?

Unbedingt! Früher dachte ich oft: Ich kann nichts, ich schaffe nichts. Orientierung fehlte mir völlig, und mein Job machte mich unglücklich. Jede Bewerbung endete in einer Absage. Heute habe ich wieder Zugang zu meinen Fähigkeiten und weiß, was mir wichtig ist und was ich wert bin – und das verdanke ich zu einem großen Teil dem Projekt. Beim Überarbeiten meiner Bewerbungsunterlagen zusammen mit meiner Tochter wurde mir bewusst, welche Qualifikationen ich bereits gesammelt habe. Ich hatte meine Kompetenzen völlig vergessen und mich unter Wert verkauft. Das soll sich jetzt ändern. Ich weiß wieder, was ich kann und was ich will: vor allem Wertschätzung, aber auch ein angemessenes Gehalt und ein gutes Miteinander. Nach der Hospitation habe ich ein gutes Gefühl bei der Kita und freue mich auf die Aufgabe und alles, was kommt.

Rückblickend auf deinen Weg, was würdest du jenen Unglücklichen raten, die im Berufsleben feststecken?

Ich würde Jemandem, der beruflich unzufrieden ist, immer empfehlen, sich die Frage zu stellen: Was wiegt schwerer? Die Entscheidung zur Umorientierung oder das Aushalten der Unzufriedenheit und all der Opfer, die damit verbunden sind? Für mich war es wie eine Waagschale – auf der einen Seite die Möglichkeit, etwas Neues zu wagen, und auf der anderen Seite die Belastung, die Unzufriedenheit einfach weiter zu ertragen. Letztendlich hilft es, abzuwägen, welche Seite mehr ins Gewicht fällt und ob man bereit ist, diesen Schritt zu gehen. Und dann rate ich auch dringend dazu, mutig genug zu sein, um den Schritt auch zu gehen, also konsequent zu sein. Es gibt immer Jemanden, der dir hilft. Man geht den ganzen Weg niemals allein. Und vor allem, in kleine Schritte denken. Es sind immer die kleinen Schritte. Sie können im Einzelnen schon viel verändern. Und inzwischen habe ich auch gelernt, dass Bauchentscheidungen etwas Gutes sind und unsere Intuition durchaus ihre Berechtigung hat. Mir persönlich hat der Rückhalt meiner Familie auch sehr geholfen.

Vesna hat beim Quint-Teilprojekt Level up! teilgenommen.

Den vollständigen Erfahrungsbericht gibt es auch hier.

Pressekontakt: Daniela Schelhase, Grone Wirtschaftsakademie gGmbH, Heinrich-Grone-Stieg 4, 20097 Hamburg, Tel. 040 23703-411, Mail d.schelhase-esf@grone.de